„Der Wunsch abzunehmen ohne Kalorien zu zählen und sich nicht mehr zu dick finden“

Nora Stankewitz

Leserin, 40 Jahre

Ich weiß nicht, ob die Frage hier passt, und ob Sie sie überhaupt so einfach beantworten können. Aber ich dachte, ich probiere es einmal: Ich bin 40 Jahre alt und seit vielen Jahren fühle ich mich in meinem Körper nicht wohl. Ich ärgere mich permanent darüber, dass ich zu dick bin. Es ist nicht nur ein Gedanke, der ab und zu kommt, sondern es ist wie ein ständiger Begleiter, der mich nie wirklich loslässt. Egal, was ich tue oder wie sehr ich mich anstrenge, ich bin nie zufrieden mit meinem Gewicht. Ich möchte endlich aufhören, mir so viele Gedanken darüber zu machen und trotzdem schlanker sein als jetzt. Das klingt sicher paradox?!

Ich frage mich: Wie kann ich abnehmen ohne dass ich ständig an Diäten oder Kalorien denken muss? Geht das überhaupt? Zufrieden sein und Abnehmen?

Ich lebe mit meinem Mann und unseren zwei Kindern (3 und 6 Jahre) zusammen, und manchmal habe ich das Gefühl, dass mein ständiger Frust über mein Gewicht auch unsere familiäre Harmonie belastet. Mein Mann versucht, mich zu unterstützen, aber er versteht oft nicht, wie tief dieses Thema bei mir sitzt. Ich habe auch Angst, dass ich für meine Kinder mit meinem Essverhalten ein schlechtes Vorbild bin.

Es lohnt sich für dich diesen Beitrag weiterzulesen, …

– Wenn du dich viel damit beschäftigst wie dein Körper aussieht

– Wenn du permanent daran arbeitest, Gewicht zu verlieren

– Wenn du dir ständig sorgen machst, Gewicht zuzunehmen

Die Antwort

Liebe Leserin,

vielen Dank für Ihre Frage. Ich finde, Sie passt sehr gut zum Thema „Essverhalten verstehen“. Sie beschreiben, dass Sie sich in Ihrem Körper schon viele Jahre unwohl fühlen und dass Sie zu dick seien. Ich weiß, dass Sie damit absolut nicht alleine sind, und ihre Frage vielleicht paradox klingen mag, Sie sich aber tatsächlich mindestens jede zweite Frau stellt: Wie kann man dauerhaft schlank sein ohne permanent auf Diät sein zu müssen.

Nun kenne ich Sie nicht, weder ihr Gewicht noch Ihre Konstitution. Das ist insofern unerheblich, als dass Sie sich ja unwohl fühlen und davon überzeugt sind, zu dick zu sein. Deshalb erlaube ich mir, Ihnen einige Fragen als Impulse zurückzustellen: Was genau bedeutet für Sie der Ausdruck „zu dick“? Orientieren Sie sich bei dieser Überzeugung an BMI-Tabellen, an Kleidergrößen, an Vergleichen mit anderen Frauen oder vielleicht, an der Meinung anderer Personen über ihren Körper? Verstehen Sie mich nicht falsch, ja, es gibt medizinische Indikatoren, bei denen es zuträglich wäre, den Körperfettanteil zu reduzieren, meist geht es dann um das Viszeralfett, dass in Zusammenhang mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen steht. Dennoch ist ein „zu dick finden“ bei den allermeisten meiner Klient*innen ein Konstrukt, dass aus verschiedensten Gedanken, Glaubenssätzen und (gesellschaftlichen) Überzeugungen und Bewertung entsteht. Ich möchte Sie dazu einladen, für sich zu hinterfragen, was Ihr „zu dick finden“ bedeutet? Was genau ist damit gemeint, wenn Sie sich selbst vorwerfen „zu dick“ zu sein.

Sie fragen sich außerdem, ob es möglich wäre, abzunehmen, ohne permanent ans Kalorienzählen denken zu müssen und ob man zufrieden sein könne und abnehmen gleichzeitig. Auch hier vorneweg noch ein Impuls: Welche Art von Zufriedenheit meinen Sie? Zufriedenheit beim Essen? Zufriedenheit mit dem eigenen Körper? Oder gar ohne permanente Entbehrung leben zu können und deshalb zufrieden zu sein. Denn ja, das ist prinzipiell möglich UND dabei in einem gesunden Körper zu leben auch! Hier nähern wir uns dem Prinzip der intuitiven Ernährung, das genau das zum Ziel hat: ein friedvolles, genussvolles Verhältnis zu Essen zu etablieren, während gleichzeitig Körperakzeptanz gelebt wird und weitere gesundheitsfördernde Parameter Bestandteil des eigenen Lebens sind, zum Beispiel alltägliche Bewegung. Ob Sie bei einer intuitiven Ernährungsweise abnehmen würden, hängt sehr stark davon ab, ob Ihr Körper gerade schon in seinem natürlichen Gewichtsbereich liegt oder nicht. Und auch, ob Sie beispielsweise durch viele Diäten, einen verlangsamten Stoffwechsel haben oder beispielsweise hormonelle Dysbalancen vorliegen. Sind Sie generell gesund und haben derzeit dysfunktionales Essverhalten und dadurch ein hohes Gewicht, ist es durchaus möglich, dass Sie durch eine intuitive Ernährung, Gewicht verlieren.

Es ist absolut verständlich, dass sich ihre Unzufriedenheit mit Ihrem Körper und Gewicht, auch irgendwann in der Partnerschaft und dem Familienleben auswirkt. Sind es doch gerade die gemeinsamen Essenszeiten, bei der die Familie zusammenkommt, sich austauscht, Genuss erlebt. Wenn das nun für ein Mitglied der Familie nicht möglich ist, kommt es zu angespannten Situationen, die auch für Ihre kleinen Kinder spürbar sind. Weil es gerade so wichtig ist, Kinder in ihren intuitiven Essverhalten zu bestärken (um ihnen selbst ein friedliche Beziehung zu ihrem Körper zu ermöglichen und gestörtes Essverhalten zu vermeiden), möchte ich Ihnen hier noch drei Tipps ans Herz legen, die sich vielleicht ab sofort umsetzen können:

  • Kommentieren Sie nicht, wie viel Sie selbst (nicht) essen, was oder wie viel Ihre Kinder oder Ihr Mann ist.
  • Reden Sie in Gegenwart Ihrer Kinder nicht schlecht über Ihren eigenen Körper, die Ihrer Familienmitglieder oder anderer Menschen
  • Machen Sie keine Zuschreibungen wie: Schokolade macht dick, Brokkoli ist gesund
  • Erlauben Sie ihren Kindern immer dann aufzuhören zu essen, wann sie es selbst möchten und stellen Sie Nahrungsmittel für Ihre Kinder bereit, wenn Sie hungrig sind und auf die sie Lust haben. Ja, auch Süßigkeiten.
  • Wenn Ihnen das schwer fällt, was gut sein kann, beginnen Sie, sich mit Ihrem eigenen Essensthema intensiv und heilsam auseinanderzusetzen. Und erlauben Sie sich Unterstützung, wenn es dadurch leichter wird.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen ein paar Anregungen mitgeben und wünsche Ihnen von Herzen alles Gute.

Sie leiden unter ihrem emotional belastetem Essverhalten? Dann abonnieren Sie gerne meinen kostenfreien Info-Letter zum Thema „Emotionales Essverhalten verstehen und überwinden“ 

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Nora Stankewitz

Nora Stankewitz, Systemische Beratung und Coaching